MUSEUM TO SCALE 1/7

Das Museum to Scale ist kein Modell eines architektonischen Projekts. Es ist die zeitgenössische Variante einer Wunderkammer, der Vorläuferin dessen, was wir heute Museum nennen. Oder eines cabinet d’objets d’art, eines Möbelstücks, das Sammler mit Kuriositäten aller Art, von Miniaturen bis Fossilien, zu füllen pflegten. Der verkleinerte Massstab erinnert auch an die sogenannte constcamer, ein Genre in der Malerei, das – wie etwa die Bilder von David Teniers – Säle voller Gemälde und anderer Kunstobjekte zeigt, und ebenso an die grosse Tradition des Kunstbuchs. Der Unterschied dazu ist, dass wir es hier mit Originalwerken zu tun haben. Das Ziel ist pragmatisch – ein mobiles Museum! –, das Publikum soll direkt angesprochen werden: eine zeitgenössische Variante lehrreicher Unterhaltung.

Das Museum to Scale verweist auch auf die Verspieltheit, mit der Marcel Duchamp sein Werk in der Boîte-en-Valise unterbrachte, und auf die Miniatur seines Bilds Nu descendant un escalier, die er für die Galerie des berühmten Puppenhauses von Carrie Stettheimer anfertigte, der Freundin der New Yorker Avantgarde der 1920er-Jahre. Zugleich bietet das Museum to Scale, absolut ernsthaft gemeint, die Ruhe und die Nähe, die nötig ist, damit Kunst aufgenommen werden kann. Das Paradox des verkleinerten Massstabs erweitert augenblicklich die Wahrnehmung des Betrachtenden, die Aufmerksamkeit fokussiert sich auf die Essenz der Bilder. Weitab vom Chaos, versteht man den Museumsbesuch nicht nur, sondern empfindet dabei auch Vergnügen. Diese grosse Sammlung kleiner Werke regt ausserdem zum Nachdenken über die Rolle des Massstabs und des Formats in der Kunst an, über die Distanz zwischen der Idee und der Ausführung, über die Unbeständigkeit des Status und der Art der Präsentierung von Werken.

Das Museum to Scale besteht aus 85 Miniaturisierungen und wurde vom belgischen Galeristen und Kunstforscher Ronny Van de Velde kuratiert. In jedem Raum befinden sich Originalwerke – Gemälde oder ganze Installationen – zeitgenössischer belgischer Kunstschaffender, etwa Jan Fabre, Marcel Broodthaers, Ann Veronica Janssens, Pierre Alechinsky und Michel François, um nur einige zu nennen.

      

top